Tragen beruhigt, fördert die Bindung, gibt Sicherheit und Vertrauen. Getragene Babys weinen weniger und schlafen besser. Aber wie trage ich am besten? Tuch, Trage, Ringsling, Fullbuckle, Halfbuckle... Hilfe! Da kann eine Trageberatung helfen. Was eine Trageberaterin eigentlich macht und warum man sie braucht, erklärt Macarena Lopez Castrejon, zertifizierte Trageberaterin und fitdankbaby® Trainerin. Wir verwenden in diesem Artikel die weibliche Form, weil die Beratung meist von Frauen ausgeführt wird. Aber selbstverständlich gibt es auch männliche Trageberater!
Was ist eine Trageberaterin?
Eine Trageberaterin ist eine Expertin im Bereich des gesunden Tragens. Theoretisches und praktisches Wissen haben wir in einer Trageschule erworben und durch stetes Testen und Beraten verankert. Da gerade im Bereich der Tragehilfen ständig neue Firmen und Modelle auf den Markt kommen, ist es mir wichtig, immer auf dem neusten Stand zu sein. Als Trageberaterin helfe ich den Eltern sich im „Trage-Dschungel“ zu orientieren und die optimale Lösung für das „Trageteam“ zu finden. Man kann es mit dem Kauf einer Hose vergleichen. Es gibt hunderte Modelle und alle haben eine andere Passform. Wichtig ist es, die richtige, bequemste, best sitzende und auch schönste Hose für sich zu finden. Viele Trageberaterinnen haben Erfahrung mit dem Tragen ihrer eigenen Kinder oder arbeiten darüber hinaus auch anderweitig mit Müttern und/oder Kindern.
Wie läuft eine Beratung ab?
Die meisten Mamas rufen mich an, um ein Termin für eine Beratung auszumachen oder schreiben eine Email. Die erste wichtige Information für mich ist, ob die Mama noch schwanger ist oder das Baby schon da ist. Beim Erstkontakt frage ich auch, ob der Papa oder andere Bezugspersonen auch tragen möchte und ob bereits erste Erfahrungen mit Tragetuch oder Tragehilfe gesammelt worden sind. Zum Ende des Gespräches frage ich nach, ob schon eine Babytrage oder ein Tuch vorhanden ist, um mich auf die Beratung optimal vorzubereiten. Dann vereinbaren wir einen Hausbesuch oder einen Termin in angemieteten Räumlichkeiten, wo dann die Beratung stattfindet.
Ich starte fast immer mit einem kurzen theoretischen Teil über die Vorteile des Tragens und gebe einen allgemeinen Überblick über die verschiedenen Tragemöglichkeiten. Danach stelle ich mein für die Eltern zusammen gestelltes Sortiment vor. Dieses beinhaltet die unterschiedlichsten Modelle und Möglichkeiten. Anschließend folgt ein Praxisteil. Unter meiner Anleitung werden Tücher gebunden und oder das Anlegen diverser Tragehilfen geübt. Zunächst wird mit Tragepuppen wird geübt, um das Baby nicht zu stressen und erst wenn die Favoriten feststehen, dürfen die Eltern, in entspannter Atmosphäre, mit dem eigenen Nachwuchs die für sich richtige Tragehilfe aussuchen.
Nicht nur Einzelberatungen, sondern auch Gruppenberatungen sind möglich. Der Aufbau einer Gruppenberatung ist fast wie der bei einer Einzelberatung. Allerdings bleibt bei den Gruppenberatungen natürlich weniger Zeit für das individuelle Anpassen, aber dafür gibt es mehr Platz für den Austausch untereinander.
Welche Informationen benötigt eine Trageberaterin im Vorfeld?
- Wer nimmt an der Beratung teil?
- Sind die Eltern schon trageerfahren?
- Sind bereits Tragetücher/Tragehilfen vorhanden?
- Wie alt und wie schwer ist das Kind bzw. bist du noch schwanger?
- Um die Tuchlänge einschätzen zu können ist auch die Körper- und Konfektionsgröße gut zu wissen.
- Gibt es körperliche Beeinträchtigungen bei den Eltern bzw. beim Baby, die zu beachten sind?
Mein Baby möchte nicht getragen werden…
Viele Mamas möchten eigentlich gerne tragen, machen dann aber schlechte Erfahrungen mit dem Tuch oder der Trage, die sie (oft schon während der Schwangerschaft) gekauft haben. Das Baby wehrt sich und "möchte nicht getragen werden". Oder die Mama stellt fest, dass sie mit dem Binden des Tuches nicht klar kommt oder die Babytrage zu Beschwerden wie zum Beispiel Rückenschmerzen führt. Auf all diese Probleme geht eine Trageberaterin individuell ein.
Eigentlich möchte jedes Kind getragen werden. Das ist eine biologische Veranlagung, Menschenbabys sind Traglinge. Babys fühlen sich durchs Tragen sicher, geborgen und werden an die Zeit in Mamas Bauch erinnert. Ein Baby ist verhaltensbiologisch auf die Nähe zu ihren Eltern/Bezugspersonen angewiesen. Ich kenne keine Eltern die ihr Kind nicht zumindest auf den Arm tragen. Im Vergleich zum Tragen auf dem Arm, stellt eine Tragehilfe zum einen eine Entlastung des von Handgelenken, Rücken und Beckenboden dar und man hat die Hände frei, um auch mit schlafendem Baby anderen Tätigkeiten nachgehen zu können.
Wenn ein Baby dennoch in der Tragehilfe oder im Tragetuch weint, kann das verschiedene Gründe haben:
- Dein Baby ist müde oder hungrig: Am besten klappen die erste Trageversuche, wenn das Baby satt und ausgeschlafen ist.
- Die Tragehilfe sitzt nicht richtig oder ist unbequem: Nicht jede Tragehilfe passt zu jedem „Tragepaar“. Testen, Testen, Testen und beim Anpassen helfen lassen. Oft liegt es nämlich tatsächlich nur an der falschen Handhabung. Durch ein paar simple Handgriffe, wie zum Beispiel eine andere Bindeweise, ein Verstellen von Schnallen oder ein "Beuteln" kann das Trageerlebnis plötzlich ein anders werden. Manchmal hilft auch der Wechsel auf eine andere Trage.
- Die Unsicherheit oder der Stress der Eltern überträgt sich auf das Baby: Babys haben sehr feine Antennen für unserem Gemütszustand und spüren unsere Nervosität. Tief durchatmen und in Bewegung bleiben beruhigt in den meisten Fällen sowohl die Eltern als auch das Kind.
- Dein Baby will mehr sehen: Wenn die Babys ca. 3-4 Monate alt werden wollen sie oft mehr von ihrer Umgebung wahrnehmen. Oft überstrecken sich die Babys beim Tragen, drücken sich weg und versuchen aus der Trage herauszukommen. Als Alternative bietet sich das Tragen auf der Hüfte oder die Rückentrageweise an (was übrigens auch die schonender für Mamas Körpermitte, Rücken und Beckenboden ist).
- Dein Baby hat Schmerzen: Das kann von Blockaden (vorrangig in der Halswirbelsäule) kommen, die zum Beispiel durch eine auf Babys spezialisierte/n Osteopathin/Osteopathen oder PhysiotherapeutIn behoben werden können.
Wie viele Tragetücher/ Tragehilfen besitzt eine Trageberaterin?
Das kann man so gar nicht beantworten. Das hängt davon ab, welches Budget die Beraterin hat und ob sie sich eventuell auf bestimmte Hersteller oder Tragevarianten spezialisiert hat. In der Regel sind Trageberaterinnen aber leidenschaftliche Sammlerinnen und stets interessiert an neuen Modellen. Die meisten BeraterInnen besitzen Tragetücher in den gängigen Längen in zweifacher Ausführung, um bei der Beratung mit den Eltern gleichzeitig Binden zu können sowie mindestens ein Modell der verschiedenen Babytrage-Modelle. Wenn du schon weißt, für welche Babytrage du dich interessierst oder schon eine zuhause hast, wird während der Beratung auch darauf eingegangen.
Was kostet eine Beratung?
Das ist sehr individuell und lokal unterschiedlich. Stundensätze zwischen 35-50€ sind ganz normal, schließlich ist es eine individuelle Beratung auf selbstständiger Basis. Auch eine Anfahrtspauschale wird oft berechnet. Die Ausbildung zur Trageberaterin ist sehr umfangreich und auch kostspielig, auch die Tragehilfen und Tragetücher müssen käuflich erworben und von Zeit zu Zeit erneuert werden. Weiterbildungen/ Fortbildungen um auf den neusten Stand zu sein sind nicht kostenlos. Kosten für Versicherung, Homepage und Werbung schlagen ebenfalls zu Buche. Aus hygienischen Gründen müssen Tragetücher/Hilfen nach jeder Beratung gewaschen werden und das kostet Zeit, Strom, Wasser und auch Waschmittel.
Gibt es nach der Beratung eine Kaufverpflichtung?
Da ich firmenunabhängig berate gibt es meinerseits keine Kaufverpflichtung. Im Anschluss an die Beratung helfe ich aber gerne bei der Anschaffung - bei Bedarf auch gerne Second Hand. Wenn eine Beraterin mit Kaufverpflichtung arbeitet, muss sie dies den Eltern vor der Beratung mitteilen.
Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Trageberatung?
In der Schwangerschaft oder erst nach der Geburt? Wenn eine Mama direkt nach der Geburt Tragen möchte, empfiehlt es sich, bereits in der Schwangerschaft eine Beratung wahrzunehmen. Tragetücher können dann schon in der Schwangerschaft genutzt werden - zum Beispiel Stützen des Bauches. So wird das Tuch vorab eingekuschelt, wird weicher und riecht herrlich nach Mama. Allerdings lassen sich Tragehilfen mit einen etwas größeren Bauch nicht so gut testen. Ein weiterer Beratungstermin mit Baby macht daher absolut Sinn, um dann die für beide passende Tragesituation herauszufinden.
Wie finde ich eine Trageberaterin?
Es gibt verschiedene Websites, die eine Liste über Trageberaterinnen nach Region führen. Diese stammen zum Beispiel vom Tragenetzwerk oder von Trageherstellern oder Trageschulen. Am besten fragst du erstmal deine Hebamme. Viele Hebammen arbeiten mit Trageberaterinnen zusammen. Weiters hilft natürlich dann die Google-Suche.
Wir hoffen, dass du dich nach diesem Artikel besser informiert fühlst und wünschen dir eine tolle Tragezeit mit deinem Baby.
Titelbild: iStock.com/kzenon
Rest: Macarena Lopez Castrejon